Pilgerwanderung von Kloster Helfta nach Naumburg

(auf dem Sachsen-Anhaltinischen Jakobsweg)

St. Jakobus-Gesellschaft Berlin-Brandenburg, 21.-28. Juli 2014


Pilgerbericht

von

Peter Götz


(Die dazugehörigen Fotos werden in Kürze hinzugefügt!)


Montag, 21.7.14: Anreise von Berlin nach Eisleben/Kloster Helfta.
Gruppenticket per Regionalbahn und Bus. Am Bahnhof Potsdam treffen sich 14 Teilnehmer und freuen sich über das Wiedersehen und auf die gemeinsame Unternehmung. Lothar, als 15. Teilnehmer, kommt erst später zur Gruppe. Der Bus aus Halle hält nahe beim Klostereingang. Das „Restaurant am Klostertor“ in Helfta ist zur Zeit leider geschlossen. Spontan finden sich „gute Geister“ (Lothar, Kristine und Gabi), die für ein improvisiertes Abendessen im nahen Supermarkt einkaufen, als Ergänzung zum „Mitgebrachten“. Geschirr, Besteck und Getränke gibt es im Gästehaus.


Dienstag, 22.7.14: Kloster Helfta – Gatterstädt, 19 km (nach GPS-Messung eher 24 km)
7:30 Uhr Heilige Messe in der Klosterkirche mit schönem Gesang der Zisterzienserinnen, anschließend erhalten wir den Pilgersegen. 8:30 Uhr Frühstück, 9:45 Abmarsch. Rasch zieht sich das Feld der unterschiedlich schnellen Wanderer weit auseinander, so dass die Vorderen gelegentlich zum Aufschließen anhalten. Stündlich, später nach jeweils 45 Minuten, legen wir eine viertelstündige Erholungs-Pause ein. Im Ort Osterhausen geht der Kontakt zwischen den beiden „Gruppen“ für einige Zeit verloren.

Unklarheit über den Wegverlauf ergibt sich bei Äbtischrode. Wir folgen einem Schild, das sich rechts an einer Querstraße befindet, können aber auf einer Strecke von mehreren Hundert Metern keine weiteren Markierungen entdecken und kehren daher zur letzten Markierung zurück. In einem Schafstall erfahren wir, dass wir erst beim Reiterhof in Holzzelle nach links abbiegen sollten.  Im langgestreckten Osterhausen muss man schließlich eine Durchgangsstraße überqueren und geradeaus einer kleineren Straße mit der Bezeichnung „Feldweg“ folgen. Der weitere Weg nach Gatterstädt ist recht schön und entspricht der Beschreibung im Pilgerführer. Insgesamt war der heutige Weg besonders lang und anstrengend.

In Gatterstädt hat Cornelia Oefelein für uns alle die Übernachtung im „Deutschen Haus“, besorgt (Foto) bei Frau Hebner.

Als Abendessen erhalten wir Rindsroulade mit Salzkartoffeln und Rotkraut; eine gute Hausmannskost, die alle zufriedenstellt. Die Nacht müssen einige von uns zu Dritt oder gar zu Viert auf Zusatzliegen verbringen. Zum Glück hatte jedes der Zimmer wenigstens ein eigenes Bad. Als Pilger hatten wir auch schon schwerwiegendere Einschränkungen hinnehmen müssen.


Mittwoch, 23.7.14: Gatterstädt – Querfurt - Steigra, 18 km.

Schon um 7 Uhr sind fast alle zum Frühstück versammelt. Abmarsch um 8:30 Uhr. Wir folgen zunächst einem Feldweg mit uralten verkrüppelten Kirschbäumen. Bald sehen wir von Ferne die Silhouette der eindrucksvollen Burg Querfurt. Dort können wir die Burgkapelle mit ihrer Krypta und das dortige Museum besichtigen, das Exponate aus der Zeit der Ritterburgen und Klosteranlagen sehr schön und zusätzlich auch kindgemäß ausstellt. Cornelia berichtet über die Lebensgeschichte des Hl. Bruno.

Den Weiterweg finden wir folgendermaßen: Die Burg durch das Südtor verlassen. Zur sog. Bauernsiedlung hochgehen (notfalls danach fragen), am oberen Ende der Bauernsiedlung in den quer verlaufenden Nebraer Weg nach links (Süden) einbiegen. Es folgt ein 7 km langes schnurgerades Stück (zunächst als Schotterstraße, dann Plattenweg,

schließlich Feldweg). Diese schattenfreie Strecke ist in der Julihitze etwas problematisch.

Ab dem hochgewachsenen Kastanienbaum nach 7 km wird unser Weg wieder schöner und abwechslungsreich – die Beschreibung ist aber nicht detailliert genug und die Beschilderung unvollständig. Der Weg senkt sich zum Tal der Unstrut in Richtung auf den Ort Reinsberg, bleibt aber dann, nach links abbiegend, im unteren Hangbereich. Nun geht es, mehr oder weniger auf gleicher Höhe bleibend, unterhalb von Weinbergen und Obstplantagen entlang und erst nach einigen Kilometern kurzfristig wieder steil aufwärts zu dem auf der Hangkante oben liegenden Ort Steigra. In Steigra können wir unseren Hunger und Durst bei freundlichen Menschen in der kleinen Bäckerei und der daneben liegenden Fleischerei stillen, denn das Lokal „Zum Ritter St. Georg“ öffnet erst um 17 Uhr. Die einzige für unsere Gruppe geeignete Übernachtungsmöglichkeit im Ort war das „Motel an der B180“ (Foto), das sich als durchaus angenehme Unterkunft erweist. Das Abendessen nehmen wir im „Ritter St. Georg“ ein, das uns kurzfristig nur ein Gericht (Schnitzel mit Pommes und Salat) anbieten kann. Eine Nachsitzung im Freien - mit dem begehrten Weißburgunder aus dem Weingebiet Saale-Unstrut - findet im „Garten“ auf der Rückseite des Motels statt. Der zunächst etwas mürrische Wirt erlaubt uns, Gläser und Kerzenleuchter dorthin mitzunehmen.

Donnerstag, 24.7.14: Steigra – (Schnellroda) – Mücheln, 15 km

Der B 180 in Steigra folgen wir ein kurzes Stück Richtung Freyburg und dann, links abbiegend, im Gänsemarsch der Landstraße nach Kalzendorf. In Kalzendorf biegt man jenseits der Kirche in der Linkskurve der Straße in einen Weg nach rechts namens „Siedlung“ ein, dessen Weiterführung aber schon nach wenigen Hundert Metern durch die im Neubau befindliche Bahntrasse Erfurt – Halle versperrt wird. Wir haben die Bahntrasse rechts umgangen (die Bahnlinie verschwindet hier in einem Tunnel) und sind etwa 2 km in südöstlicher Richtung auf einer autofreien Asphaltstraße bis zu einer Querstraße gegangen, von wo wir, nach links abbiegend, uns direkt auf Schnellroda zu bewegten. In der dortigen Kirche (Foto) wurden wir von Herrn Herr Augustin erwartet, der uns dort eine Führung angeboten hatte.

Die Strecke von Schnellroda nach Mücheln ist wieder sehr reizvoll und kann gemäß der Beschreibung im Pilgerführer gut gefunden werden. Sie führt, nach einem kurzen Stück auf der Landstraße, über einen von Obstbäumen begleiteten Wiesenweg, wendet sich dann nach rechts zum Müchelholz, führt zunächst an dessen südlichem Rand entlang und dann weitere 2 km durch den Wald. Ein Picknickplatz lädt zur Imbißpause ein. Die Michelkapelle ist lange vorher sichtbar, bis man - sie rechts liegen lassend - zum Dorf St. Micheln hinabsteigt und dort - in der Nähe der Geiselquelle und an der verlassenen Pension „Zur Geiselquelle“ vorbei - zur Gaststätte und Pension „Lerchenhof“ gelangt.

Die Geiselquelle ist neuerdings als Kneipp-Einrichtung gestaltet: dort haben sich die meisten von uns - wie von einer Beschreibung gefordert - sieben Mal durch das eiskalte Wasser „gequält“. Dies ging mit jeder Wiederholung besser, die Schmerzen in den Füßen ließen nach! (Foto)

Die Unterkunft im nahen Lerchenhof erwies sich als problematisch. Im Gasthof selbst gab es keine Zimmer für uns, daher mussten wir uns von Frau Lerche auf drei verschiedene Pensionen in den Nachbarorten verteilen lassen. Den Weg dahin (maximal 4 km) haben wir zu Fuß zurückgelegt. Am Abend und auch am nächsten Morgen wurden wir von einem Taxi bzw. von Frau Lerche selbst hin und her befördert. Diese „Notunterkünfte“ haben uns nicht befriedigt. Abends gab es ein Grillessen im Lerchenhof, über das wir uns, ebenso wie über das Frühstück – nicht zu beklagen hatten.


Freitag, 25.7.14: Mücheln – Freyburg, 14 km

Nach dem Frühstück trafen wir uns in der Jakobuskirche in Mücheln, wo Pfarrer Schröter zum Fest des Hl. Jakobus eine kurze bemerkenswerte Ansprache hielt.

Unser Weg führte dann von der Jakobuskirche aus den Kirchberg hinauf und in die Freyburger Straße, von dieser nach einigen Hundert Metern links in die Gröster Straße. Wir orientierten uns nach dem Buch „Pilgern durch Sachsen-Anhalt“ und der Rad- und Wanderkarte „Saale-Unstrut-Land M 1:50.000. Die Beschreibung im Pilgerbuch ist aber nicht detailliert genug, und Pilgerzeichen sind nur gelegentlich zu sehen oder erst, nachdem wir den korrekten Weg schon beschritten hatten. Ein Starkregen in der Nacht und der einsetzende leichte Nieselregen verwandelte die Feldwege stellenweise in langgezogene Pfützen (Foto); nicht alle Wanderschuhe hielten der eindringenden Feuchtigkeit stand.

Auf der Höhe von Branderoda macht der Weg einige in der Beschreibung nicht erwähnte Schwenks, führt aber weiterhin in Hauptrichtung Süden und schließlich hinein in den Ort Zeuchfeld. Jenseits des Ortes steigt der Weg mehrfach wieder etwas an: man folgt jetzt dem Roten Kreuz als Wegzeichen.

Auf der Höhe erreicht der Wanderer schließlich rechter Hand eine Picknick-Tischgruppe mit der Beschriftung „Haltet rein diesen Platz…“ und Resten der sog. „Napoleonseiche. Der Wegweiser dort  kündigt „Horchhügel 1,9 km“ an: eine Erhöhung auf der sich ehemals ein Lusthaus befand (der Name bedeutet vielleicht: „Horch in die Natur“). Ab dem Picknickplatz vereinigt sich unser sächsisch-anhaltinischer Jakobusweg mit dem von Görlitz kommenden „Ökumenischen Pilgerweg“, welcher auf der alten Handelsstraße „Via Regia“ verläuft. Eine Brücke überquert die B 176. Wir landen auf der Höhe oberhalb von Freyberg, sind beeindruckt von dem überraschenden Blick ins Unstruttal mit seinen Weinbergen und steigen einen halsbrecherischen, von Regengüssen ausgewaschenen Weg hinunter in die mittelalterliche Stadt mit noch teilweise erhaltener Stadtbefestigung. In der Wasserstraße nahe des Flusses finden wir im Hotel „Zur Neuenburg“ unsere Bleibe für die kommende Nacht. Dort versammeln wir uns im Innenhof nach kurzer Dusch- und Ruhepause zum gemeinsamen Abendessen um 18 Uhr. Einige unternehmen danach noch einen weiteren Spaziergang entlang der Unstrut oder auch hinauf zur Neunburg, in welcher die Hl. Elisabeth von Thüringen einige Zeit gelebt hat.

Samstag, 26.7.14: Freyburg – Naumburg, 12 km

Hinunter geht es zur Unstrut, dieser nach links (flussabwärts) folgend, zunächst  auf der Landstraße, dann dem asphaltierten Radweg, der sich später in eine überwiegend autofreie „Fahrradstraße“ fortsetzt. Ein Höhepunkt unserer Wanderung wird der Besuch des „Max Klinger-Hauses“ (Foto), wo sich auch die Grabstätte des aus Leipzig stammenden Künstlers mit einer gewaltigen Bronzeskulptur („Der Athlet“) befindet. Dort verbrachten wir mit Blick über das Tal der Unstrut bis nach Naumburg hinüber eine angenehme Stunde mit Kaffee, Rotkäppchen-Sekt und Unstrut-Wein (Foto).

Die 200 m langen Felsskulpturen mit der Darstellung überwiegend biblischer Szenen zum Thema Wein, Wasser und Durst sind von der Straße aus sichtbar und werden anhand von Schautafeln erläutert. Bis zum „Blütengrund“ passiert der Wanderer viele Wochenendhäuschen und größere Villen in den Unstrut-Weinbergen. Die Fähre, welche nur im Sommer verkehrt, bringt uns auf die andere Seite des Gewässers, das hier vom Zusammenfluss von Unstrut und Saale gebildet wird. Der Marsch bis in die Innenstadt von Naumburg erweist sich nochmals als strapaziös: zunächst geht es hübsch auf dem Saale-Radweg voran, danach aber müssen wir ein längeres Stück in der Mittagshitze einer stark befahrenen Bahnlinie und der Halleschen Straße folgen, bis wir am Marientor die Innenstadt erreichen. Von dieser sind wir begeistert, finden die schmucken Häuser mit ihren Giebelfronten sehr schön und landen auf dem stattlichen Marktplatz mit Rathaus und der Stadtkirche St. Wenzel (Foto), wo wir zielstrebig eine Eisdiele aufsuchen. Leider können wir unsere Zimmer im Hotel „Zum Alten Markt“ noch nicht in Besitz nehmen; das Haus wird erst ab 16 Uhr geöffnet (Foto). Nach einem Telefonat mit der Besitzerin können wir dann doch schon früher unsere Rucksäcke loswerden und uns um 16 Uhr am berühmten Naumburger Dom versammeln. Dort erleben wir eine sehr sachkundige Führung, die uns die Besonderheiten des teils romanischen, teils gotischen Baus erläutert, seiner beiden Chöre mit Lettner, der wunderbar naturalistischen Steinmetz-Arbeiten an den Kapitellen und dem Figurenfries des Westlettners und der Stifterfiguren des Westchores aus der Schule des namentlich nicht bekannten „Naumburger Meisters“. Wir besichtigen auch den Kreuzgang und die Gärten des früheren Domkapitels. - Das Abendessen nehmen wir im Restaurant „Toscana“ in der Altstadt ein.

Sonntag, 27.7.14: Heimreise und Abschied

Um 10 Uhr feierten wir in der katholischen Kirche Peter und Paul einen sehr lebendig gestalteten Familiengottesdienst. Um 11:54 bestiegen wir den Zug nach Magdeburg. Es war wieder ein schwüler Tag, wir aber fröhlich-wehmütig, zum einen, weil es wieder nach Hause ging, wehmütig aber auch, weil eine schöne Zeit der Gemeinsamkeit und Besinnung zu Ende ging.

Alle waren dankbar, dass Elisabeth und Cornelia die Organisation dieser Pilgerreise übernommen hatten und empfanden untereinander eine liebevolle Verbundenheit, die durch keine Verstimmungen getrübt war. Dazu hatten auch die von Kristina täglich verlesenen Worte von Papst Johannes dem XXIII. beigetragen.

An dieser Stelle möchte ich auch meinem Freund Helmut Tschäpe danken, der mich bei der 4-tägigen Vorbereitungs-Wanderung (27.2.-2.3.14) von Eisleben nach Bad Kösen begleitet hat.


Bemerkungen zum „Pilgerführer SA“: „Jakobsweg – Pilgern durch Sachsen-Anhalt“ (ISBN 978-3-89923-239-4, Verlag Janos Stekovics, 2009)

Die Weg-Beschreibung im Pilgerführer ist teilweise gut, zum Teil aber auch völlig unzureichend! Folgendes ist zu beachten:

1. Die gewohnten Pilgerzeichen (PZ), gelbe Muschel auf blauen Grund, sind in Sachsenanhalt keine Richtungsweiser!! (Foto) Auch wenn keine Beschriftung auf dem Zeichen vorhanden ist, wird dieses nur zur Markierung eines Weges, aber nicht zur Angabe der einzuschlagenden Richtung eingesetzt. Wer dies konsequent beachtet, erspart sich einige Missverständnisse.

2. Die Wegmarkierung ist derzeitig in einem  unzureichenden Zustand. An entscheidenden Stellen fehlen Pilgerzeichen. Dagegen tauchen manchmal Markierungen an Stellen auf, die man nur aufgrund der Beschreibung im Pilgerbuch bzw. aufgrund eigener Einschätzung erreichen konnte. Ab Mücheln ist die Markierung besser, von Naumburg nach Schulpforta ist sowohl die Beschreibung im Text als auch die Wegmarkierung sehr unbefriedigend.

3. Ein unbestreitbarer Vorteil der im Pilgerbuch beschriebenen Streckenführung ist die Tatsache, dass die ausgewählten Wege ganz überwiegend autofrei sind. Dafür muss man allerdings teilweise lange, schnurgerade Feld- und Plattenwege in Kauf nehmen.